Für mich ist Mode nicht nur ein Mittel, um mich von anderen abzuheben, sondern auch ein kreativer Ausdruck meiner Persönlichkeit. Jedes Kleidungsstück, jeder Accessoire ist eine Leinwand, auf der ich meine Stimmungen, meine Vorlieben und meine Lebenserfahrungen zum Ausdruck bringen kann. Durch die Wahl meiner Outfits kann ich mich selbst präsentieren, ohne ein einziges Wort sagen zu müssen. Mode ist für mich daher eine Form der Selbstentfaltung und ein Weg, meine Individualität zu feiern, ganz gleich, wo ich mich befinde oder welche kulturellen Einflüsse mich umgeben.
Mein Mann und ich sind in verschiedenen Ländern zu Hause, diese Vielfalt spiegelt sich auch in unserer Garderobe wider. In Wien, unserem gegenwärtigen Zuhause, dominiert eine Auswahl an Business-Kleidung meinen Kleiderschrank, ergänzt durch elegante Abend- und Ballkleider. Während des Sommers verbringen wir unsere Zeit an anderen Orten, wo sich meine Garderobe an die dortige Kulturen und Lebensstile anpasst.
Mein Verständnis von Mode ist daher eine facettenreiche Fusion dieser verschiedenen Einflüsse. Ich betrachte es als eine persönliche Errungenschaft, meinen eigenen, einzigartigen Stil entwickelt zu haben.
Russland 1977 – 2002
Meine individuelle Ästhetik ist eine harmonische Verschmelzung der kulturellen Einflüsse der Länder, in denen ich gelebt habe. Meine Kindheit und Jugend in Russland haben mich geprägt, wo der Mangel an Auswahl und Ressourcen eine Atmosphäre der Improvisation und Kreativität schuf. Heute ermöglicht mir die spielerische Verwendung von Hüten, subtile Signale zu senden und meine Individualität zu betonen.
In den späten 1970er und frühen 1980er Jahren geriet die sowjetische Wirtschaft zunehmend in eine Krise, was meine Oma und meine Mutter zwang, Stoffe zu kaufen und ihre eigene Kleidung zu nähen. Dies war eine Zeit, in der der Mangel an fertiger Kleidung in den Geschäften zu einem Alltagsproblem wurde. Die politischen Veränderungen, die durch Glasnost und Perestroika eingeleitet wurden, markierten schließlich den Beginn eines Prozesses, der den jahrzehntelangen Ost-West-Konflikt beendete und zum Fall des “Eisernen Vorhangs” führte.
In dieser Ära waren Informationen über Mode und Design begrenzt, da es nur wenige Quellen wie russische Zeitschriften und Modemagazine gab. Die “Komsomolskaja Prawda” war damals eine bedeutende Ressource, die Frauen mit Schnittmustern für selbstgemachte Damenbekleidung versorgte. Für uns blieben jedoch Magazine wie Burda außer Reichweite, was die Möglichkeiten für kreative Ausdrucksformen durch Mode einschränkte.
Es war der 1. September 1963, als meine Mutter ihren ersten Schultag hatte, und genau 21 Jahre später, am 1. September 1984, stand ich selbst in meiner Schuluniform vor dem ersten Schultag. Während meiner Schulzeit war das Tragen von Uniformen obligatorisch. Als Kind mochte ich es nicht, aber jetzt, als Teil einer neuen Generation, betrachte ich es anders. Ich denke zurück und frage mich: “Vielleicht hat uns die Uniform damals wirklich nicht abgelenkt. Niemand hat sich Sorgen darüber gemacht, welche Jeans jemand trägt oder welches Make-up unsere Lehrerinnen tragen – Make-up und Nagellack waren übrigens strengstens verboten.”
In dieser Zeit war die “Komsomolskaja Prawda” eine bedeutende Informationsquelle, insbesondere für Frauen, die Schnittmuster für selbstgemachte Damenbekleidung suchten. Allerdings blieben Magazine wie Burda für uns unerreichbar, was die Möglichkeiten für modische Vielfalt einschränkte.
Nach all diesen Erfahrungen kann ich einfach nicht verstehen, warum Menschen in Österreich wieder die Kommunistische Partei wählen wollen. Die Erinnerung an diese Zeit führt nur zu einem Abgrund, den ich nicht noch einmal erleben möchte.
Italien 2002 – 2007
Nach sechs Jahren in Italien habe ich nicht nur die Kunst der Mode erlernt, sondern auch eine wertvolle Lektion über Stil und Kreativität erfahren. Die Italiener zeichnen sich durch ihren Mut aus und haben eine besondere Fähigkeit, verschiedene Stoffe und Farben auf harmonische Weise zu kombinieren. Es ist faszinierend zu beobachten, wie sie mit Leichtigkeit und Eleganz einzigartige Looks kreieren.
Ein schönes Beispiel dafür ist die Kombination von Prosciutto und Melone, ein klassisches italienisches Gericht. Auf den ersten Blick mag die Idee süß und sauer zu kombinieren ungewöhnlich erscheinen, aber sobald man es probiert, wird deutlich, dass diese scheinbar gegensätzlichen Aromen perfekt harmonieren. Genau wie in der Mode, wo scheinbar unvereinbare Elemente zusammenkommen, um etwas Wunderschönes und Einzigartiges zu schaffen.
Österreich seit 2007
Während meiner Zeit in Österreich habe ich nicht nur die Schönheit der Landschaften und die reiche Kultur des Landes schätzen gelernt, sondern auch die Bedeutung von Traditionen und Etikette in der österreichischen Gesellschaft. Insbesondere fiel mir auf, wie bestimmte Dresscode-Regeln für verschiedene Anlässe streng eingehalten werden.
Die österreichische Mode hat eine lange Tradition, die in der Habsburgermonarchie verwurzelt ist. Die Österreicherinnen schätzen ihre Traditionen und Bräuche sehr: Zu meiner Überraschung wird die Tracht hier oft im Alltag getragen. Es ist etwas, das man sonst nirgendwo mehr erlebt. Weder in New York, Moskau noch in Mailand sieht man Menschen in traditioneller Kleidung, aber die Österreicherinnen sind modisch und traditionsbewusst zugleich.
Ich komme aus Sankt Petersburg, einer riesigen Metropole, und bin es gewohnt, mich zu stylen und sorgfältig zu überlegen, was ich trage, bevor ich das Haus verlasse. Ebenso in Wien: Diese prachtvolle Architektur und die beeindruckende Umgebung beeinflussen auch meinen Kleidungsstil.
Ein Beispiel dafür ist die Tradition, kein Schwarz bei Hochzeiten zu tragen. Stattdessen wird erwartet, dass Gäste helle und fröhliche Farben wählen, um die festliche Atmosphäre zu unterstreichen. Auch bei verschiedenen Bällen gibt es spezifische Vorschriften bezüglich der Garderobe. Von festlich elegant bis hin zu themenbezogenen Kostümen – die Auswahl richtet sich nach dem Charakter des Balls und spiegelt die österreichische Eleganz wider.
Ein weiteres Beispiel in Österreich ist der Trachtenstil, der besonders bei traditionellen Veranstaltungen und Festen eine große Rolle spielt. Trachten wie Dirndl für Frauen und Lederhosen für Männer sind nicht nur modische Statements, sondern repräsentieren auch eine Verbindung zur österreichischen Geschichte und Kultur. Bei Volksfesten, Hochzeiten in ländlichen Gegenden oder speziellen Feierlichkeiten wird oft erwartet oder zumindest geschätzt, dass die Gäste traditionelle Trachten tragen, um die Verbundenheit mit der österreichischen Tradition zu zeigen und das Fest noch authentischer zu gestalten. Diese Kleidervorschrift trägt zur festlichen Atmosphäre bei und verleiht den Veranstaltungen eine besondere, heimelige Note.
Ich finde es bewundernswert, wie diese Dresscode-Traditionen nicht nur den Anlass respektieren, sondern auch eine gewisse Eleganz und Harmonie unterstreichen. Es ist schön zu sehen, wie sich die Menschen bemühen, sich angemessen zu kleiden und dadurch Wertschätzung für die Veranstaltung und ihre Mitmenschen auszudrücken. Diese Aufmerksamkeit für Details und Traditionen verleiht dem österreichischen Lebensstil eine besondere Note, die ich sehr schätze.
Typgerechte Kleidung für jeden Menschen
Egal welches Alter, Herkunft, Geschmack , Religion oder Figur – die Individualität ist das einzige, was zählt. Designer Guido Maria Kretschmer: „Man soll seine Vorteile gekonnt inszenieren, sonst tut ein Kleid nichts für einen!“
Aber der Teint und die Farben der Augen und Haare spielen bei der Auswahl der richtigen Kleidung ebenso eine große Rolle wie die eigene Persönlichkeit. Mit blonden, rotblonden oder hellbraunen Haaren und blauen, grünen oder bernsteinfarbenen Augen gehört man beispielsweise zum Frühlings-/Sommertyp. Dann sind klare, warme, gar leuchtende Farben bei der Kleidung von Vorteil. Aber auch kühle, gedämpfte Farben mit blauem Unterton können schön aussehen.
Hat man dunke Haare – etwa von kastanienbraun bis schwarz – und dunkelbraune, grünblaue, graublaue oder tiefblaue Augen, wird man sich als dunkler Typ eher im Herbst und Winter wiederfinden. Gedeckte, tiefe, erdige Farben bringen das eigene Ich dann am besten zur Geltung. Auch die Klassiker, nämlich schwarz und weiß, sind hier zuhause. Aber selbst ein knalliges Rot kann die eigene Persönlichkeit zum Ausdruck bringen.
No Go Trends
Modische Trends, die nicht meinem persönlichen Stil entsprechen, sind der Boyfriend Style, der trotz seines lässigen Charmes nicht meine Vorliebe trifft.
Auch Bomberjacken sprechen mich nicht an, da ich mich eher in anderen Schnitten und Materialien wohl fühle. Überdimensionierte Jacken und Schulterpolster wirken für mich oft überladen und unpraktisch, während Haremshosen nicht meinem ästhetischen Empfinden entsprechen und mich in meinem Bewegungsfreiraum einschränken.
Zerrissene Jeans sind für mich auch definitiv ein No-Go. Sie passen einfach nicht zu meinem persönlichen Stil und ich finde, dass sie oft ein ungepflegtes Erscheinungsbild vermitteln. Ich bevorzuge Kleidungsstücke, die eine gewisse Eleganz und Sorgfalt ausstrahlen.
Ein absolutes Tabu ist es für mich, sichtbare Unterwäsche zu zeigen. Sei es der Blick auf BH-Träger oder Boxershorts, das gehört für mich definitiv nicht zum guten Stil.
Auch sollte man es nicht übertreiben mit Mustern oder Farben. Zu viele davon können schnell überladen wirken und den Look unruhig erscheinen lassen. Es geht schließlich darum, sich stilvoll zu präsentieren, ohne dabei zu sehr von der eigentlichen Person hinter der Kleidung abzulenken.
Besonders bei Hochzeiten ist es mir wichtig, dass die weiblichen Gäste die Braut nicht in den Schatten stellen. Die Hochzeit sollte ein besonderer Tag für das Brautpaar sein, und ich finde es wichtig, dass die Aufmerksamkeit nicht durch zu auffällige oder gar provokante Kleidung von der Braut abgelenkt wird. Es geht darum, den Moment zu respektieren und die Freude des Paares zu teilen, ohne dabei selbst zum Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu werden.
Außerdem wichtig ist es für mich, den Dresscode des Gastgebers zu respektieren. Es zeigt Wertschätzung und Respekt gegenüber dem Anlass und den Gastgebern selbst. Ebenso unpassend finde ich es, unangemessene Kleidung für bestimmte Anlässe zu wählen, sei es zu leger oder zu formell. Es geht darum, sich dem Kontext angemessen zu kleiden und den Respekt für den Anlass zu zeigen.